Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit in Zitaten

[Vorbereitungen]

 
 
| [Rundgang durch die Ausstellung] | [Vergnügungspark] | Abteilung ‚Bildkunst’ | Abteilung ‚Handfertigkeit’ | Schiffsmodelle einschließlich Segelschiffen | Verschiedene Modelle | Getriebene und verschiedene Metallarbeiten | Holzarbeiten | Spielsachen | Musikinstrumente | Web- und Strickwaren | Sammlungen | Photosachen | Theater | Lebensmittel | Verschiedenes | Die Ausstellungstage | Vorbemerkung | Die japanischen Besucher unserer Ausstellung | Ausstellungspublikum | Sonderausstellung in Muya | Kriegsgefangenen Ausstellung (Zeitgenössische Übersetzung eines Artikels aus der Zeitung "Asahi Shinbun" vom 08.03.1918) |

 

Wer in den letzten Wochen und Monaten des Mittwochs früh sein Nachtlager verließ, ehe noch der japanische Hornist und Kabuto [Hund] gemeinsam Tagesanbruch verkündeten, der konnte gerade noch sehen, wie ein Häuflein Menschen, bepackt wie zu einer Forschungsreise durch das Innere Afrikas, mit weit ausgreifenden Schritten das Lager verließ. ‚Das sind unsere Künstler’, raunte dann einer der Frühaufsteher dem andern zu, ‚auf dem Wege zur Stadt. Vergängliche Dinge kaufen sie dort ein, aber unvergängliche Werke schaffen sie daraus zum eigenen Ruhme und zum Ruhme der kommenden Ausstellung.’ – ‚Aber da ist ja auch der x. dabei, ist der denn auch Künstler geworden?’ und sie erkannten inmitten des im Morgennebel verschwindenden Häufleins den biederen Nachbarn. Bekümmert ob der eigenen Nichtigkeit zogen sie zum Appell und gelobten – bis zum nächsten Mittwoch auch Künstler zu werden.

 

Aber nicht nur in frühester Morgenstunde konnte man die ersten schimmernden Strahlen der nahenden Ausstellung erspähen. Wer an schönen Tagen mit den ‚Brückenbauern’ hinaufzog, um Körper und Geist zu erfrischen (den Körper durch emsige Arbeit, den Geist durch die beruhigende Gewissheit, daß ein noch so langer Krieg sicherlich eher zu Ende sein wird als der Brückenbau), der konnte unserer Künstler bei der Arbeit sehen: einmal die, die hinter der Staffelei sitzend, eifrig den Pinsel führten und dann die Lebenskünstler, die friedlich durch Feld und Wald schweiften.

 
 

Je näher jedoch der Beginn der Ausstellung kam, je dringender die Lockrufe der Ausstellungsleiter wurden, desto mehr häuften sich auch innerhalb des Lagers die Anzeichen, daß uns große Dinge bevorstanden. In Tapatau, im Industrieviertel am Berg, in der Villenkolonie Bando-Ost, überall begann eine fieberhafte Tätigkeit. Wohin man blickte, wuchsen neue Buden aus dem Boden, und die armen Agrarier mussten ihre Hühner unter den Arm nehmen und vors Tor ziehen, um Platz zu schaffen für die Heimstätten der Heimarbeiter. Hierbei konnte man wieder einmal feststellen, wie die allzu lange Kriegsgefangenschaft die Begriffe verwirrt: behaupteten doch manche, nicht der Ausstellung wegen würden die Buden gebaut, sondern der Buden wegen würde ausgestellt. Offenbar verwechseln die Bedauernswerten bereits Ursache und Wirkung; sie dürften für einen etwaigen Austausch in Frage kommen.

 

Am tätigsten waren unterdessen die Veranstalter der Ausstellung: Hptm. Stecher, Lt. d. R. Müller, Vz. Feuerw. d. R. Rahaus, Vz. Feuerw. d. R. Koch, Vz. Feldw. d. R. Möller, Uffz. d. L. Desebrock, Ers. Res. von Holstein. Es war keine leichte Aufgabe, allen Wünschen, deutschen wie japanischen, gerecht zu werden, sie miteinander in Einklang zu bringen und obendrein mit den beschränkten Mitteln auszukommen. Die Gemeinde Bando hatte ihr Kokaido unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Aber so ein japanisches Gemeindehaus ist keine Festhalle. Da trat Feldw. Bunge mit seinem Bruder auf den Plan, und in verhältnismäßig kurzer Zeit malten sie mit viel Geschmack die kalte Bretterbude zu einem freundlich-hellen Museumssaal aus. Einige Wände wurden noch eingezogen. Dann kam unter Führung von Uffz. d. L. Desebrock eine Heerschar von freiwilligen Hilfsarbeitern, die große Mengen immergrünes Laub aus den Bergen holten und die dann unter sachkundiger Leitung des Uffz. d. L. Schon mit dem zu Ranken geflochtenen Grün dem Raum eine wohnliche Wärme verliehen. Am 8. März frühmorgens stand die Ausstellung fix und fertig zum Empfang der Gäste bereit, und voll Stolz konnten die Veranstalter auf ihr Werk blicken.
Schon einige Tage vor der Eröffnung stand der zwischen Lager und Ausstellung gelegene Teil Bandos ganz im Zeichen der deutschen Barbaren. In allen Läden bemerkte man das geschmackvoll in den deutschen Farben ausgeführte Ausstellungsplakat von Vz. Feldw. d. R. Möller. Überall sah man deutsche Soldaten sich ungehindert bewegen, und nur hie und da erinnerte uns ein japanischer Posten unliebsam daran, daß es doch nur eine eingebildete Freiheit ist, an der wir uns erfreuten.

 
 

Volltext aus: Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 3-42 = 543-582