Rundgang durch das Lager Bandō

28. Chemisches Laboratorium

 
 

Das Chemische Laboratorium von Wunderlich und Rode befand sich wahrscheinlich in dem gleichen Gebäude wie die Bibliothek (1). Das Laboratorium hatte verschiedene kosmetische und pharmazeutische Mittel im Angebot, wie z.B. Mund- und Haarwasser, Zahnpaste und Kopfschmerzmittel. Außerdem konnte man dort Limonadenzusätze und diverse Alkoholika, wie den Bando-Boonekamp erwerben. Das Laboratorium entwickelte sogar eine eigene Schutzmarke mit einem Flakon und zwei Schmetterlingen als Symbol. Im T.T.B. gibt es zahlreiche Annoncen, in denen die Produkte des Chemischen Laboratoriums angepriesen werden.

 
 
 
 
 
 
 

Der Gefangene Heil hatte ein sehr ähnliches Warenangebot wie das Chemische Laboratorium. Allerdings verkaufte er etwas andere Alkoholika, so z.B. einen Bergamotte-Likör. Sein gesamtes Angebot kann man der folgenden Annonce entnehmen:

 
 
 

Zwischen dem Chemischen Laboratorium und Heil entbrannte im Mai 1919 ein Streit über die Eigenbezeichnung des Chemischen Laboratoriums im T.T.B. als „einziges von Fachleuten geleitetes Unternehmen am Platze" (2). Heil erwiderte darauf, diese Behauptung entspräche „nicht den Tatsachen" (3). Auch er habe „eine 12jährige Tätigkeit in pharmazeutischen & kosmetischen Laboratorien in führenden Drogen – Grossohäusern & Apotheken des In- & Auslandes, zuletzt in leitenden Stellungen" (4) hinter sich. Gleichzeitig betonte er jedoch: „Da bei jeglichem Wettbewerb Qualitäten, nicht Worte überzeugen" (5), werde er „künftig auf weitere Entgegnungen verzichten" (6). Drei Tage später erschien daraufhin Wunderlichs Erwiderung im Namen des Chemischen Laboratoriums. Er schreibt: „Der Begriff des Fachmannes auf chemischem und auf pharmazeutischem Gebiet ist scharf umgrenzt. Als Fachmann im Sinne unserer Bekanntmachung kann nur der in Betracht kommen, der nach heimischen Bestimmungen ein derartiges Unternehmen leiten kann und darf.
Daher muss ich hiermit ausdrücklich wiederholen, daß unser Chem. Laboratorium das einzige von Fachleuten geleitete Unternehmen am Platze ist.
Weiter möchte ich bemerken, daß ich nur widerstrebend in diesen Konkurrenzkampf, den man mir seit Jahr und Tag aufzuzwingen sucht, eingetreten bin.
Auch ich betrachte hiermit diese ganze Angelegenheit als erledigt." (7)
Damit endete der verbale Schlagabtausch im T.T.B. Angesichts der Tatsache, dass beide Unternehmen bis zur Auflösung des Lagers Bestand hatten, konnten wohl beide einen Kundenstamm von der Qualität ihrer Produkte überzeugen.

 

(1) Fremdenführer durch das Kriegsgefangenenlager Bando, Japan. 1918, Karte zwischen S. 34 und 35
(2) T.T.B. Bd. 6, 10. Mai 1919, No. 23, S. [8]
(3) T.T.B. Bd. 6, 11. Mai 1919, No. 24, S. [10]
(4) T.T.B. Bd. 6, 11. Mai 1919, No. 24, S. [10]
(5) T.T.B. Bd. 6, 11. Mai 1919, No. 24, S. [10]
(6) T.T.B. Bd. 6, 11. Mai 1919, No. 24, S. [10]
(7) T.T.B. Bd. 6, 14. Mai 1919, No. 27, S. [2]