Theater

Aufführungen Januar-März 1918: Rezensionen

 
 
12. Januar 1918 (dreimal wiederholt): „Sherlock Holmes" von Ferdinand Bonn16. Februar 1918 (dreimal wiederholt): „Die Rabensteinerin" von Ernst von Wildenbruch23. Februar 1918 (einmal wiederholt): „Absurda Comica oder Herr Peter Squenz" von Andreas Gryphius

Vorankündigung . T.T.B. Bd. 3, ohne Datum, eingebunden hinter 12. Januar 1918

Zunächst waren nur drei Aufführungen geplant (1), aber wie eine Merktafel im T.T.B. zeigt, gab es noch eine vierte Zusatzaufführung (2). Die Detektivkomödie war im Lager unter dem Namen „Shlomes" bekannt, wie die Besprechung in der „Baracke" verrät: „Shlomes ist schon seit längerer Zeit in eingeweihten Kreisen die Parole. Was heißt das? Ein Unbeteiligter, den dieses mysteriöse Wort im Vorübergehen streifte, hat wohl vergeblich versucht, hinter den tieferen Sinn zu kommen. Sollte es vielleicht ein neuer Bando-name (ich bitte den verehrlichen Herrn Drucker, das m und n nicht zu vertauschen) für irgend eine berühmte Lagerpersönlichkeit sein? Oder vielleicht gar eine segensreiche Neugründung im Villenviertel Tapatau? – Maski! Wozu haben wir denn den Nachrichtendienst. Er ist da!: Sherlock Holmes, Detektiv-Komödie in 4 Aufzügen von Ferdinand Bonn." (3)
 
Die spannende Handlung riss auch das Publikum in Bandō mit. Der Rezensent schreibt: „Eine Fülle packender Bilder liegt hinter uns, manchem werden sie bis in die Träume gefolgt sein. Wie drastisch die Wirkung war, konnte jeder selbst an Stimmen aus dem Publikum beurteilen. So, wenn ein begeisterter Shlomes-Verehrer nach Aktschluß, noch ganz versunken, sich Luft macht: ‚Mensch, du, ich glaube, der hat den schon von Anfang an durchschaut!’ Denke ich an die Probe, so möchte ich dem beinahe beipflichten. Oder, wenn ein Zaungast bei der Generalprobe, der die mitgebrachte Feuerleiter gerade in dem Moment ersteigt, als Lady Katogan weinend im Saale sitzt, begeistert ausruft: ‚Kiek doch, dat Aas flennt!’" (4)

 

Ankündigung. T.T.B. Bd. 3, 14. Februar 1918, S. [1]

Theatergruppe: Vereinigung Yamagoe unter Leitung von R. Goldschmidt (5)
Mit „Die Rabensteinerin" kam in dem sonst von Komödien dominierten Spielplan ein ernsteres Stück zur Aufführung. Nichtsdestotrotz fand das Stück das Gefallen des Publikums, wie die Besprechung in der „Baracke" zeigt: „Die Spielgruppe, die uns am vergangenen Sonnabend Wildenbruchs ‚Rabensteinerin’ vorführte (Leiter: Vz.Wachtmeistr. d. R. Goldschmidt), mag vorher gelegentlich in Zweifel gewesen sein, ob die viele Mühe, die die Vorbereitung dieses Stückes gemacht hat, durch einen freudigen Beifall von seiten der Zuschauer belohnt werden würde; denn immer wieder hatte man es im Lager gehört, daß doch nur ja nichts zu Ernstes gespielt werden möge, daß man eine Vorstellung wünsche, in der man einmal so recht von Herzen lachen könne und darüber die Gefangenschaft vergäße. Nun der Erfolg hat gezeigt, daß wir auch nach dreieinhalbjähriger Gefangenschaft noch durchaus imstande sind, auch über einem ernsten Stück die Umgebung zu vergessen, daß das was man im Schauspiel sucht, eigentlich nicht das Lachen ist, sondern die Freude, und daß die Freude am Starken doch noch erfrischender wirkt als das Lachen über die Schwächen der Menschen." (6)

 

Der Rezensent lobt die Theatergruppe: „Wir sind dem Leiter wie den Spielern von Herzen dankbar für diese in jeder Hinsicht wohltuende Darbietung. Das, was Wildenbruch vor seinen jüngeren dichtenden Zeitgenossen so erfreulich auszeichnet, daß er den Mut hat, gesunde Menschen auf die Bühne zu bringen, findet gerade in der ‚Rabensteinerin’ besonderen Ausdruck und wurde durch das farbenfreudige Bild der Aufführung und durch das frische Spiel aller Darsteller wirksam hervorgehoben." (7) Die beiden erhaltenen Bühnenbilder vermitteln einen Eindruck, wie die mittelalterliche Atmosphäre, in der das Stück spielt, in Szene gesetzt wurde.

 
 
 

Leider ist aus der Besprechung in der „Baracke" nicht viel über die Aufführung selbst zu erfahren, da der Artikel fast ausschließlich aus einer Inhaltsangabe des Stückes besteht (8). Ein Foto vermittelt jedoch einen Eindruck vom „Spiel im Spiel": Links im Bild die Mauer, durch die die beiden Liebenden Pyramus und Thisbe sprechen. Das Heldenpaar steht vermutlich in der Mitte des Bildes, zu ihren Füßen der „Furcht erregende" Löwe. Im Hintergrund der Darsteller des Mondes.

 

Die Darsteller der „Absurda Comica oder Herr Peter Squenz“ . Pörzgen, Hermann. Theater ohne Frau. Das Bühnenleben der kriegsgefangenen Deutschen 1914-1920. Königsberg: Ost-Europa-Verlag, 1933, Abb. 28

 
 

Ankündigung. T.T.B. Bd. 3, 24. Februar 1918, S. [4]

 

(1) Die Baracke Bd. 1, No. 21, 17. Februar 1918, S. 19
(2) T.T.B. Bd. 3, 12. Januar 1918, S. 3
(3) Die Baracke Bd.1, No. 17, 20. Jan. 18, S. 14
(4) Die Baracke Bd.1, No. 17, 20. Januar 18, S. 20
(5) Die Baracke Bd. 1, No. 23, 3. März 1918, S. 22
(6) Die Baracke Bd. 1, No. 22, 24. Februar 1918, S. 16-17 = 484-485
(7) Die Baracke Bd. 1, No. 22, 24. Februar 1918, S. 20-21 = 488-489
(8) Die Baracke Bd.1, No. 23, 3. März 1918, S. 13-18 = 505-510; s.a. Die Baracke Bd. 1, No. 23, 3. März 1918, S. 22