Verpflegung

Alkoholische Getränke

 
 
BierLiköre und Schnäpse

Außer dem Kristallpalast, der Kegelbahnküche, dem Offizierskasino, dem „Möbelwagen" und der Kantine boten auch private Verkäufer Bier an. Der „Fremdenführer durch das Kriegsgefangenenlager Bando, Japan" zählt innerhalb der Baracken nicht weniger als dreizehn Bierverkäufer auf (1). Die Nachfrage scheint also sehr groß gewesen zu sein. Einer der Verkäufer setzte folgende Bekanntmachung in den T.T.B.: „Dem ehrbaren Bandoer Biertrinker zur gefälligen Kenntnisnahme, daß ich jederzeit bereit bin ihren Durst bis abends 10 Uhr löschen zu helfen, daß ich es mir dagegen zum Grundsatz gemacht habe, nach 10 Uhr jeden rücksichtslos verdursten zu lassen. Mucks B. 5." (2). Ein anderer Gefangener beschwert sich im T.T.B: „Um weiteren Irrtümern vorzubeugen, gebe ich hiermit bekannt, daß mein Raum keine Kneipe ist. B. Bornmann. B.5 R.1" (3).

 
 

Als sich nach Kriegsende die Verhandlungen über die Heimkehr der Gefangenen in die Länge zogen, nahm im Laufe des Jahres 1919 die Unrast unter den Lagerinsassen immer mehr zu. Ihre Verärgerung spiegelte sich in einem steigenden Alkoholkonsum nieder: „Herzlich müde unseres augenblicklichen Zustandes sind wir fast alle. Dieser Überdruß äußert sich durchweg in einer gewissen Zerfahrenheit und Arbeitsunlust. Bei einigen war das höchste der Gefühle der Ausspruch: ‚Hoffentlich war das der letzte der Feuerposten, den ich geschoben habe.’ Ein anderer Stoßseufzer, den wir kürzlich hörten, wirft ein klares Licht auf das Seelenleben eines Kriegsgefangenen. Der Betroffene sagte voll ehrlicher Trauer: ‚So eine verfl... Schw...! Nun hatte ich gestern einmal Urlaub bis 12 und konnte ihn nicht ausnutzen, denn um 10 Uhr war ich schon blau.’ ... Ist es wohl schon einmal vorgekommen daß ein Hauptmann einen, der frei nach Schüller nach dem Süden verreist war [d.h. Arrest absitzen musste], an einem hohen Kirchenfeste mit den Worten beurlaubt hat: ‚Gehen Sie saufen!’? Der frommen Ermahnung hätte es kaum bedurft. Beobachtet man doch immer häufiger, daß sich sogar Leute mit nachweislich fünfjähriger guter Führung gelegentlich die Nase kräftig begießen. Kein Wunder, daß die Ferienreisen nach dem Süden immer häufiger werden, daß sich hiesige Geschäftsleute während längerer oder kürzerer Abwesenheit vertreten lassen müssen. ... Am Ostersonntag soll das Flaschenbier im Lager ausgegangen sein. Wie reimt sich das damit zusammen, daß noch kein Fest für uns so ruhig verlaufen ist wie diese Ostern? Sollte der Sonderbefehl von neulich davon schuld sein, der nach einer Reihe von Bestrafungen wegen Betretens von Häusern ‚zwecks’ Müllabfuhr, wegen Herumfallens in der Gegend nach Zapfenstreich usw. mit der fürchterlichen Drohung herauskam, im Wiederholungsfalle die Kantine schließen zu lassen. Oder sollten wir die verhältnismäßige Ruhe der ausgebliebenen Spende III zu danken haben?" (4)

 
 
 

„’Ertappt’“ von der Wache. Muttelsee, Willy. Karl Bähr. 4 1/2 Jahre hinter’m Stacheldraht. Skizzen-Sammlung. Bando: Kriegsgefangenenlager, [1919], o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto

 

Das Chemische Laboratorium und der Gefangene Heil boten laufend mehrere Schnäpse und Liköre an. Im Laboratorium gab es Bando-Boonekamp, Kurfürstlich Magenbitter, Kloster-Magenbitter (ein Kräuter Magenbitter), Danziger Bowke, Pfefferminz- und Ingwerlikör (5).

 

Bei Heil konnte man Bergamotte-Likör, Wacholder und Getreidekümmel erwerben. Ersteren gab es in großen und kleinen Flaschen zu 2 bzw. 1,10 Yen, bei letzteren kostete die Flasche jeweils 1,30 Yen. Die Produkte von Heil vertrieb auch der Gefangene Schüller in Baracke 7 (6).

 
 

Im Februar 1918 gab es einen Sonderverkauf von 120 Flaschen Rotwein und 12 Flaschen Rum, die eigentlich für den Silvesterpunsch bestimmt waren. Da sich aber die Ankunft von einem Fass Rotwein, welches wie die anderen Alkoholika auch eine Stiftung darstellte, weiter verzögerte, wurde beschlossen, Rotwein und Rum zu 0,70 bzw. 2,90 Yen zu verkaufen. Der Erlös sollte zum Nutzen der Allgemeinheit den Lagerküchen zugute kommen, um Fleisch und Gemüse zu kaufen (7). Gegen Ende der Kriegsgefangenschaft boten List und Haun außerdem Kakao-Likör in verschiedenen Flaschengrößen zu 0,50, 1,00, und 1,80 Yen an. Bestellungen für die Mitnahme nach Deutschland wurden ebenfalls angenommen (8).

 

(1) Fremdenführer durch das Kriegsgefangenenlager Bando, Japan. 1918, S. 7-9, 23-26
(2) T.T.B. Bd. 7, 15. August 1919, No. 120, S. 4
(3) T.T.B. Bd. 8, 24. November 1919, No. 213, S. [4]
(4) Die Baracke, Bd. 4, April 1919, S. 140-142
(5) T.T.B. Bd. 6, 10. Mai 1919, No. 23, S. [8]
(6) Die Baracke Bd. 4, Juni 1919, Innenseite vorderer Umschlag
(7) T.T.B. Bd. 3, 27. Februar 1918, S. [1-2]
(8) T.T.B. Bd. 8, 7. Oktober 1919, No. 166, S. [4]