Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit in Zitaten

Abteilung ‚Bildkunst’

 
 
 

Die Abteilung ‚Bildkunst’ wurde von 27 Kriegsgefangenen mit insgesamt 220 Werken (darunter 40 außer Konkurrenz) beschickt. Um eine möglichst gerechte Beurteilung durch die Schiedsrichter (Hptm. Maurer, Vz. Wachtmstr. d. R. Goldschmidt, Ob. Hob. Mt. Hansen, Sees. Bohner, Sees. d. L. II v. Gimborn) zu erzielen, wurde eine Einteilung in 12 Gruppen vorgenommen u. zwar
Gruppe A Originale in Öl
   " B Kopien in Öl
   " C
Originale in Aquarell
a) Bildnisse, b) Landschaften u. dergl.
   " D Kopien in Aquarell
   " E Originale in Schwarz/Weiß
   " F Kopien in Schwarz/Weiß
   " G a) Originale in Farbstift und Kreide, b) Originale in Kohle
   " H Kopien in Farbstift, Kreide, Kohle
   " I Vergrößerungen nach Photographien
a) Bildnisse, b) Landschaften u. dergl.
   " K Plakate und Reklame
   " L Karikaturen
   " M Japanische Zeichnungen

Die Preisverteilung hatte folgendes Ergebnis: es fielen auf
Gruppe A in Wettbewerb 7 Stück 4 Preise
    " B  "         " 7     " -     "
    " C/a  "         " 7     " 2     "
    " C/b  "         " 66     " 9     " 2 lobende Erwähnungen
    " D  "         " 13     " 5     "
    " E  "         " 13     " 2     "
    " F  "         " 20     " 4     "
    " G/a  "         " 3     " 1     "
    " G/b  "         " 1     " 1     "
    " H  "         " 4     " 1     "
    " I/a  "         " 8     " 1     "
    " I/b  "         " 5     " 2     "
    " K  "         " 9     " 2     "
    " L  "         " 11     " -     " 2 lobende Erwähnungen
    " M  "         " 6     " 1     "

Schon aus dieser Zusammenstellung ergibt sich, daß die Leistungen in den einzelnen Gruppen sowohl der Menge als auch der Güte nach sehr voneinander abweichen. Nur sehr wenige Kameraden leider haben sich der Ölmalerei (Gruppe A u. B) gewidmet, die doch die edelste und schönste Malweise ist. Immerhin wurden in Gruppe A einige recht ansprechende Bilder gezeigt. Am besten gefielen das hübsche ‚Seestück’ (Ob. Mtr. Artl. Buchmann) und die Künstlerblick verratenden Bilder ‚Saalecke im Lager Tokushima’ (Mtr. Artl. Schmid) und ‚Berge bei Bando’ (Ers. Res. Laetzsch). Wenn diesen Arbeiten auch die zu einem 1. Preis notwendige Vollkommenheit fehlte, so konnten sie doch mit 2. Preisen ausgezeichnet werden. Unter den außerordentlich sorgfältigen Arbeiten des Feldw. d. L. Bunge fiel das mit großer Liebe durchgeführte Gemälde ‚Mein Elternhaus’ (3. Preis) besonders auf.
Recht fleißige Arbeiten finden sich auch in Gruppe B, so z.B. der ‚Studienkopf’ und der ‚Alte Seppl’. Aber bei den erhöhten Anforderungen, die an Kopien gestellt werden müssen, mußte von Zuerkennung eines Preises abgesehen werden.

Um so freigiebiger mit Preisen konnten die Schiedsrichter in Gruppe C sein, die in dieser Ausstellung offenbar der Treffpunkt der großen Lagertalente gewesen ist. In der Unterabteilung für Bildnisse macht unserem altbewährten Porträtisten Vz. Feldw. d. R. Rasenack, dessen vorzügliches ‚Bildnis des Matrosen Z.’ einen 1. Preis erhielt, ein neuer Stern am Lagerhimmel, Kriegsfrei. Siemssen, mit seinem, auch mit einem 1. Preis ausgezeichneten, flott hingeworfenen ‚Kopf Bl.’ den Rang streitig.
Schwierige Arbeit für die Schiedsrichter gab es in der Landschaftsabteilung der Aquarelle. Der erste Preisträger der Matsuyama-Ausstellung, Kriegsfreiw. Blomberg, steht auch diesmal wieder an erster Stelle. Sein Aquarell ‚Schnee’ (1. Preis) zeigt uns das melancholische Bild einer russischen Landschaft, ein schwerer grauer Himmel und über der trostlosen, endlosen Ebene Schnee, soweit das Auge reicht, frisch gefallener Schnee. Unter den anderen Werken Blombergs verdient Erwähnung das gut durchgeführte ‚Kokaidogespenst’, das glücklicherweise nur noch von historischem Interesse für uns ist, sowie das fein abgetönte Bildchen ‚Baumstämme in der Abendsonne’ (2. Preis).
Den 1. Preis teil mit Blomberg Ers. Res. Laetzsch für seine ‚Landschaft’ mit Stacheldraht, eine vorzügliche Arbeit, die uns beweist, daß das Auge des Künstlers auch durch den Stacheldraht hindurch Schönes in der Natur zu sehen vermag.
Viel Geschmack zeigt Ers. Res. Baist in seinen Bildern. Seine beste Leistung ist das Aquarell ‚Winter’ (2. Preis), zu dem er leider ungeeignetes Papier verwandt hat. In den Bildern ‚Herbst’, ‚Alter Baum’, ‚Schrein im Walde’, vor allem aber in seinem duftigen Blumenstücken (‚Krokus’ 3. Preis) zeigt Baist, wie gut er mit den Farben umzugehen versteht.
Dies gilt auch von Pion. d. L. Suhr, der aber außerdem noch ein hervorragendes Zeichentalent mitbringt. Alle seine ‚Japanischen Landschaften’ sind bis ins kleinste Detail mit peinlicher Genauigkeit ausgeführt. Von ihnen gefielen am besten ‚Die Grabsteine’ und der ‚Gebirgsbach’. Die je einen 2. Preis erhielten.
Auch Lwm. Steppan ist ein guter Zeichner. Die Farben verwendet er mit Verständnis und großer Kühnheit. Seine ganz in japanischem Geschmack gehaltene Landschaft ‚Roter Tempel’ erhielt eine lobende Erwähnung, ebenso wie Uffz. d. L. Desebrock für das hübsche ‚Dreiteilige Marienbild’.

 
 

Mit einer künstlerischen Auffassung ganz eigener Art stellt sich Kriegsfreiw. Siemssen in seinen beiden impressionistischen Landschaften vor. Die eine derselben wurde mit einem 3. Preise ausgezeichnet, die andere steht ihr aber kaum an Güte nach. Einen weiteren 3. Preis erhielt Ers. Res. v. Holstein für sein originelles und flott angelegtes Stilleben ‚Mittagsschlag’ –
Sehr viel Gutes wurde auch in der Gruppe der Aquarellkopien (Gruppe D) geleistet. An erster Stelle sind hier die außer Konkurrenz ausgestellten Arbeiten der Uffz. d. L. Henze zu nennen, von denen fast jede einzelne eine blendende Symphonie meist von ihm selbst komponierter Farben bildet, so die ‚Tänzerin’, die ‚Russin’, die Karnevalsbilder, der ‚Spiegel’ u.a., die jedoch über eine gewisse Kälte nicht hinwegtäuschen können.
Vielseitiger ist Vz. Feldw. d. R. Rasenack. Sein ‚Deutscher Ordensritter’ hat den 1. Preis dieser Gruppe vollauf verdient. Bei dem Aquarell ‚Mädchen mit Katze’ (2. Preis) ist ihm das Kätzchen ganz besonders gut gelungen, während der elegante ‚Frauenkopf“ (2. Preis) einigen Lagerbewohnern ein paar ebenso unruhige Nächte bereitet haben soll wie die Henzesche ‚Tänzerin’.
Die ‚Karwendelbahn’ (3. Preis) des Gefr. d. R. Schrader ist von vielen als den Rasenackschen Bildern ebenbürtig erachtet worden; die Arbeit verrät großes Können und guten Geschmack. Ein Kabinettstückchen in Detailmalerei ist der von Lt. d. R. Müller wiedergegebene ‚Wohnraum’ (3. Preis).
Erwähnenswert sind ferner einige hübsche Kopien von Ers. Res. Freisewinkel und Gefr. Brundig. –
Originale in Schwarz / Weiß (Gruppe E) sind nicht viele eingeliefert worden, aber fast durchweg Gutes. Hier gebührt Pion. d. L. Suhr die Palme für seine feinen Bleistiftzeichnungen, unter welchen der ‚Aufgang zum Raikoji’ die beste ist. Die Federzeichnungen von Ers. Res. Freisewinkel sind nicht alle gleichwertig, die ‚Allee beim Oasa-Tempel’ (2. Preis) ist jedoch hervorragend gelungen. Ihr gibt eine ‚Japanische Landschaft’ von Lt. d. R. Müller wenig nach. Sehr apart sind die Tuschezeichnung ‚Tänzerin’ und ein Exlibris von Kriegsfreiw. Blomberg. –
Die Gruppe F (Schwarz / Weiß Kopien) wird überragt von den glänzend gelungenen Hindenburgkopf (1. Preis) von Lt. d. R. Müller. Selbst der unschöne Rahmen kann der vorzüglichen Arbeit wenig anhaben. Die übrigen Zeichnungen dieser Gruppe stehen ungefähr alle auf gleicher Stufe. Wenn den Schiedsrichtern das flott hingeworfene Rasenacksche Hahnbild (2. Preis) und der ausdrucksvolle ‚Männerkopf’ (2. Preis) des Sees. Beckers am besten gefiel, so hätten anderen vielleicht den schönen ‚Japanischen Landschaften’ (3. Preis) von Lt. d. Res. Müller, der ‚Japanerin’ von Gefr. Brundig, der Rasenackschen ‚Segelregatta’, dem ‚Soldatengrab’ von Blomberg oder den drei Federzeichnungen von Hptm. Stecher den Vorzug gegeben. Eine besondere Erwähnung verdienen die guten und fleißigen Kopien des Gefr. Wichelhaus (‚Norwegerin’ und ‚Kinderkopf’), die nur deshalb aus der engen Wahl ausscheiden mussten, weil auf dem seit der Anfertigung der Zeichnungen in Matsuyama vergilbten Papier die Kontraste verwischt waren.

 
 
 

In der Abteilung für Farbstift- und Kreide-Originale (Gruppe G/a) hatte der Kreide-‚Akt’ des Mtr. Artl. Schmid nur wenig, in der Abt. für Kohle-Originale (Gruppe G/b das Tsingtau-Gedenkblatt Blombergs gar keine Konkurrenz. Beide sind erstklassige Leistungen und wurden mit je einem 1. Preis bedacht. –
War es unter den Kohle- und Farbstift-Kopien (Gruppe H) ohne weiteres klar, daß die beiden Zeichnungen des Gefr. Wichelhaus die besten sind, so konnte das Schiedsgericht sich doch mit den besten Willen nicht darüber schlüssig werden, ob unter diesen nun dem ‚Husar’ oder dem ‚Landwehrmann’ die Krone gebühre. Schließlich wurde durch das Los der unvermeidliche Beweis erbracht, daß der ‚Husar’ die wertvollere Arbeit sei und den 1. Preis verdiene.
Auch in Gruppe I/a, den nach Photographien vergrößerten Bildnissen, erregten die Bleistiftzeichnungen des Gefr. Wichelhaus das größte Interesse. Das ‚Porträt des Mtr. Artl. K.’ wirkt durch die geschickte Verteilung von Licht und Schatten, dem ‚Bildnis des Sees. B.’ (1. Preis) hat der Zeichner durch weiche Halbschatten viel Ausdruck und Lebenswahrheit verliehen. Unter den Landschaften nach Photographien (I/b) treten die sorgfältigen Arbeiten von Ob. Mtr. Artl. Buchmann (‚Tsingtau’ 1. Preis) und Vz. Feldw. d. R. Luthmann (‚Elternhaus’ (2. Preis) und das stimmungsvolle ‚Tempeltor Tokushima’ des Mtr. Artl. Schmid hervor.
In der ganz von Vz. Feldw. d. R. Möller beherrschten Abteilung für Plakate und Reklame (Grppe K) sah man liebe alte Bekannte wieder. Bei der Auslese wurde schließlich dem wirkungsvollen Fußballplakat (1. Preis) vor dem geistreich-witzigen ‚Bunten Abend’ (2. Preis) der Vorzug gegeben. An dritter Stelle wäre das Ausstellungsplakat der Matsuyama-Ausstellung zu nennen. –
Neben Plakatmalerei sind Karikaturen (Gruppe L) das ureigenste Gebiet von Vz. Feldw. Möller. Seine amüsanten Bilderfolge ‚Kokaidoträume’ und seine ‚Galerie schöner Männer’ erhielten Lobende Erwähnungen.
Den Übergang zur Handfertigkeitsausstellung bilden die technischen Zeichnungen (Gruppe M). Den 1. Preis erhielt hier Lt. d. Res. Müller für seine ‚Villa am Meer’ mit ihrer vorzüglich durchgeführten Perspektive. Recht sorgfältige Arbeiten sind die ‚Brücke’ und das ‚Verwaltungsgebäude’ von dem Gefr. d. R. Schrader. Die glänzend aufs Papier gebrachte ‚Fantasie’ von Lt. d. R. Müller mag in einigen Jahrzehnten zur Wirklichkeit werden, und seine beiden ‚Wohnhäuser’ erinnerten uns schließlich daran, daß es außerhalb des Stacheldrahtes schönere Aufenthaltsräume gibt als Baracken.
--dt. [Autorenkürzel]

 

Volltext aus: Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 3-42 = 543-582