Rundgang durch das Lager Bandō
8. Küche 2, Mehlschuppen und Lagerbäckerei
| Küche 2
| Lagerbäckerei und Mehlschuppen
Die Küchen 1 und 2 waren die beiden Mannschaftsküchen. Küche 2 wurde von Küchenunteroffizier F. Humpich betreut (1). Im Gebäude befand sich neben der eigentlichen Küche außerdem ein Baderaum, der auch für Chor- oder Orchesterproben genutzt wurde (2). Mit den von der Lagerleitung zur Verfügung gestellten Lebensmitteln kochten die Gefangenen hier in Eigenregie das Essen, das in den Baracken ausgeteilt wurde. Als 1919 die Vorschriften gelockert und zahlreiche Tagesausflüge z.B. nach Kushiki an den Strand unternommen wurden, nahmen die Küchen 1 und 2 auch Vorbestellungen auf Bratwürste, Wiener Würstchen und Kartoffelsalat entgegen, die dann am Strand erhältlich waren (3).
Bei der Essenszubereitung mussten alle mithelfen, um die Mengen an Zutaten zu bewältigen. Allerdings war Kartoffelschälen keine sehr beliebte Tätigkeit im Lager, wie folgendes Zitat aus der „Baracke" zeigt: „Sehe ich zum Beispiel früh gleich nach dem Kaffeetrinken Kameraden mit widerwilligem Gesicht und gezückten Messer der Küche zustreben, so frage ich nicht lange: ‚Was wolltest du mit dem Dolche? Sprich!’, sondern weiß die Antwort im voraus: ‚Kartoffeln schälen, verstehst du mich!’" (4) Die Zeichnung betitelt „Unser täglich Brot" zeigt, wie es beim Kartoffelschäldienst zuging:
"Unser täglich Brot". Muttelsee, Willy. Karl Bähr. 4 1/2 Jahre hinter’m Stacheldraht. Skizzen-Sammlung. Bando: Kriegsgefangenenlager, [1919], o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto
Der Speiseplan war nicht zur Zufriedenheit aller Gefangenen, wie folgende Anekdote zeigt: „Sonnabend vor 8 Tagen prangten ein paar fingerdicke Kartoffelschalen an der Tür der oberen Küche, und daneben hing ein Zettel des Küchenunteroffiziers: ‚Den Herren Nörglern der 33., 34. und 35. Korporalschaft, die sich gar nicht beruhigen können über die von den Mannschaftsküchen so oft verabreichten Pellkartoffeln zur höflichen Ansicht.’" (5) Bei Pellkartoffeln war der ‚Materialverlust’ geringer als wenn rohe Kartoffeln geschält werden mussten, weshalb wahrscheinlich öfters Pellkartoffeln auf dem Speiseplan standen.
Anfang August 1918 wurden 90 Gefangene aus dem Lager Kurume nach Bandō verlegt (6). Danach häuften sich bei den beiden Küchen die Beschwerden über zu kleine Essensrationen. Als Antwort veröffentlichten die beiden Küchenunteroffiziere im T.T.B. eine Übersicht der gelieferten Zutaten, aus der hervorgeht, dass teilweise weniger Waren zur Verfügung standen als vor Ankunft der Kameraden aus Kurume. Gleichzeitig gibt die Tabelle einen Einblick, aus welchen Zutaten die Mannschaftskost bestand:
Proviant |
In der Zeit vom 21.-27.VII 1918 (ohne Kurume-Leute) |
Nach Eintreffen der 84 Kurume-Leute hätte demnach geliefert werden müssen |
Es wurde jedoch nur geliefert: In der Zeit vom 8.-14.IX 1918 |
Brot |
826 kwan |
903 kwan |
826 kwan |
Kartoffeln |
1360 “ |
1485 “ |
1200 “ |
Rindfleisch |
165 “ |
180 “ |
170 “ |
Schweinefleisch |
45 “ |
49 “ |
40 “ |
Fische |
48 “ |
52 “ |
45 “ |
Reis |
180 sho |
197 sho |
190 sho |
Weißkohl |
120 kwan |
131 kwan |
45 kwan |
Erbsen |
18 “ |
20 “ |
18 “ |
Bohnen |
% |
% |
16 “ |
Mehl |
32 “ |
35 “ |
18 “ |
Zucker |
18 “ |
20 “ |
5 “ |
Salz |
28 “ |
31 “ |
28 “ |
Tee |
28 Pakete * |
31 Pakete * |
14 Pakete * |
Zwiebeln |
35 kwan |
38 kwan |
28 kwan |
Kochbutter |
21 “ |
23 “ |
21 “ |
Essig |
4 Fl. |
4 1/2 Fl. |
4 Fl. |
Sahne |
21 sho |
23 sho |
21 sho |
* 1 Paket zu 60 momme (7)
Umrechnung der japanischen Maßeinheiten: 1 kan [hier: kwan] = ca. 3,75 kg 1 momme = ca. 3,75 g 1 shō [hier: sho]= ca. 1,8039 l
Vermutlich die Lagerbäckerei. Taishō san yo nen sen’eki. Furyo shashinchō. Vues photographiques concernans les prisonniers de guerre au Japon (Campagne de 1914-1916). Tōkyō: Furyo Jōhōkyoku, Bureau Impérial de Renseignements sur les Prisonniers de Guerre, 1918. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Ausschnitt aus Negativ-Nr. 30-32
Die Lagerbäckerei stellte das Brot her, welches als Teil der täglichen Rationen an die Mannschaften verteilt wurde. Außerdem wurden hier den ganzen Tag über zusätzlich Brötchen und Brote verkauft (8). Man konnte auch ein Abonnement auf Brötchen einrichten (9) oder bei Ausflügen Brot und Brötchen vorbestellen (10). Der Anfang der Lagerbäckerei war nicht ganz einfach. Da es an Gegenständen zur Reinigung der Bäckerei fehlte, kam es zu zahlreichen „Klagen über das unsaubere Aussehen des Brotes" (11). Diese Probleme wurden jedoch im Laufe der Zeit gelöst.
Der Mehlschuppen wurde auch als „Bäckerei-Material-Aufbewahrungs-Raum" (12) oder als „Bäckereischuppen" (13) bezeichnet. Wie der Name schon sagt, handelte es sich dabei um ein Vorratslager der Lagerbäckerei. Außerdem fand hier die Brotausgabe an die Korporalschaften wochentags von 17 bis 17.30 Uhr und sonntags von 11 bis 11.30 Uhr statt (14).
Aus "Unser täglich Brot": die Brotverteilung. Muttelsee, Willy. Karl Bähr. 4 1/2 Jahre hinter’m Stacheldraht. Skizzen-Sammlung. Bando: Kriegsgefangenenlager, [1919], o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto
„Frische Bretsche!". Muttelsee, Willy. Karl Bähr. 4 1/2 Jahre hinter’m Stacheldraht. Skizzen-Sammlung. Bando: Kriegsgefangenenlager, [1919], o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto
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