Rundgang durch das Lager Bandō

20. Gedenkstein

 
 
DenkmalBauEinweihungsfeierHeute

1919 bauten die Lagerinsassen am Nordostufer des oberen Teichs einen Gedenkstein für elf ihrer in der Gefangenschaft verstorbenen Kameraden. Zunächst war geplant die Urnen der Verstorbenen bis zur Heimkehr nach Deutschland an dieser Stätte zu verwahren, aber wegen der baldigen Abreise wurde dieses Vorhaben nicht verwirklicht und es blieb ein reiner Gedenkstein (1). Das Denkmal trägt auf der Vorderseite die Inschrift „Dem Gedächtnis unserer lieben Kameraden. Deutsch im Herzen, mutig im Kampf, treu in der Not und im Tod." Auf den drei verbleibenden Seiten sind die Namen der Verstorbenen mit Alter und Lebensdaten eingemeißelt. Die Mehrzahl von ihnen war diversen Krankheiten erlegen, wie z.B. der Spanischen Grippe, die 1918 weltweit grassierte. Ein Gefangener war bei einem Badeunfall ums Leben gekommen.

 
 

Gedenkstein zu Füßen des Signalbergs am Ufer des oberen Teichs. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 58-8

Der Bau begann im Februar 1919 unter der Leitung von Hans Koch. Er veröffentlichte zunächst in einer Beilage der „Baracke" (2) einen Aufruf, in dem er das Vorhaben erläuterte: „In dem friedlichen Tale oberhalb des Lagers, abgerückt von den geräuschvollen Baracken und den Arbeitsbuden und den belebten Sportplätzen, wo die Gesunden und Lebensfrohen sich tummeln, Geist und Körper zu bilden und zu stählen für die ernsten Aufgaben des Lebens in der uns nun winkenden Freiheit – dort an dem stillen Flecken am Ostufer des oberen Teiches mit dem Blicke auf das ruhige Wasser soll, schlicht und einfach, entsprechend unserer Lage, eine würdige Stätte entstehen, wo die Asche unserer verstorbenen Kameraden ruhen möge, bis wir nach der Heimat kehren, und die als ein Denkmal fortbestehen und späteren Wanderern erzählen soll von unserem Leide, aber auch zeugen mag von deutscher Treue und Kameradschaft." (3) In seinem Aufruf sucht Koch nach Helfern für Maurerarbeiten, zum Pflanzen der Begrünungen und für den Materialtransport. Außerdem werden Geld- und Materialspenden erbeten. Zu diesem Zeitpunkt lagen alle nötigen Genehmigungen des Lagerleiters Oberst Matsue, des Stadtkommandanten von Tokushima und des lagerältesten Offiziers, Major Kleemann, bereits vor, so dass am 17. Februar 1919 mit dem Bau begonnen werden konnte (3). Allerdings ging die Arbeit nur schleppend voran. In einer „Lagerplauderei" in der „Baracke" heißt es: „Der Arbeitswillige ist entweder Holzfäller, dann muß er früh in den ‚Wald’, oder er ist Stockballspieler, dann darf er nachmittags das angesetzte Spiel nicht versäumen. Ist jemand keins von beiden, so ist er sicherlich wenigstens Musiker und muß üben oder proben. Hat man sich aber einmal von allem freigemacht, um feste zu arbeiten, so regnet es todsicher, denn nichts ist ja beständiger als die Unbeständigkeit der japanischen Witterung." (4)

 
 

„Denkmalbau" im heißen Sommer 1919 . Muttelsee, Willy. Karl Bähr. Nachtrag zu 4 1/2 Jahre hinterm Stacheldraht. Bando: Kriegsgefangenenlager, 1919, o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto

Einweihung des Gedenksteins. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 1-4-⑥-17

Trotz aller Widrigkeiten konnte der Gedenkstein mit den Bepflanzungen und der Uferbefestigung im Laufe des Sommers fertig gestellt werden. Die Einweihungsfeier fand am 31. August 1919 statt unter Beteiligung des Lagerkommandanten Matsue, der „ordensgeschmückt mit drei Herren seines Stabes" (5) erschien. Orchester und Chor sangen und spielten Stücke von Wagner und Beethoven. Pastor Wannags weihte den Stein und hielt eine Rede. Hans Koch dankte der Lagerleitung und den Helfern für die Unterstützung und zum Schluss übergab Major Kleemann offiziell den Gedenkstein an das Lager.

 
 

Einweihung des Gedenksteins. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 49-02

 
 

Blick über den Teich bei der Einweihungsfeier. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 58-6

 

Der Gedenkstein heute (2004). Foto Claus Harmer

Obwohl der Bau des Gedenksteins von der Mehrzahl der Gefangenen mitgetragen wurde, gab es auch Gegenstimmen. In einem Artikel namens „Denkmäler in Feindeshand" (6) in der „Baracke" äußerte ein Lagerinsasse Bedenken gegen den Bau des Gedenksteins, insbesondere im Hinblick auf sein Schicksal nach Auflösung des Lagers. Jedoch wies Hans Koch in seiner im gleichen Heft abgedruckten Erwiderung (7) die Sorge, der Gedenkstein könne Denkmalschändung anheim fallen, zurück. Er wies darauf hin, dass es sich nicht um ein Siegesdenkmal, sondern um einen schlichten Totengedenkstein handele. Tatsächlich steht der Gedenkstein heute noch. Rechter Hand des Steins wurde 1976 (erneuert und korrigiert 1998) ein weiteres Denkmal für alle 87 im 1. Weltkrieg in japanischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Deutschen errichtet. Linker Hand des ursprünglichen Gedenksteins liegt heute u.a. das Familiengrab der Familie Takahashi. Mitglieder dieser Familie pflegen die Anlage des Gedenksteins heute noch.

 
 

(1) T.T.B. Bd. 7, 30. Juni 1919, No. 74, S. 3
(2) Die Baracke Bd. 3, No. 19 (72), 9. Febr. 1919, S. 433-435
(3) Die Baracke Bd. 3, No. 19 (72), 9. Febr. 1919, S. 433
(3) Die Baracke Bd. 3, No. 22 (75) 1. März 1919, S. 502
(4) Die Baracke Bd. 3, No. 21 (74) 23. Februar 1919, S. 478
(5) Die Baracke Bd. 4, August 1919, S. 104
(6) Die Baracke Bd. 4, April 1919, S. 144-149
(7) Die Baracke Bd. 4, April 1919, S. 150-155