Rundgang durch das Lager Bandō
37. Kegelbahn mit Kegelbahnküche
| Kegelbahn
| Kegelbahnküche
Die Kegelbahn, eine der „Vergnügungsstätten". Muttelsee, Willy. Karl Bähr. 4 1/2 Jahre hinter’m Stacheldraht. Skizzen-Sammlung. Bando: Kriegsgefangenenlager, [1919], o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto
Wie man einem Artikel der „Baracke" entnehmen kann, stammt die Kegelbahn in Bandō aus dem Vorläufer-Lager Matsuyama (1). Die Bahn, Kegel und Kugeln wurden selbst hergestellt. Da jedoch die selbst gemachten Kugeln nicht lange hielten, beschaffte man bei den deutschen Klubs in Ostasien richtige Kugeln. Die Erbauer und Besitzer der Bahn gründeten eine Vereinigung namens „Vater Philipp", deren Zweck es war, „Mitgliedern, die durch irgendwelche Umstände von den augenblicklichen Gewalthabern eingebuchtet wurden, für die Zeit ihrer Einbuchtung eine Entschädigung zukommen zu lassen." (2) Die Entschädigung, deren Höhe nach Dauer des Arrests gestaffelt war, wurde aus den Mitgliedsbeiträgen von 20 sen monatlich und den Einnahmen der Kegelbahn bestritten. Als Überschüsse erwirtschaftet wurden, spendete man das Geld bedürftigen Kriegsgefangenen in Japan und Russland (3). Bei der Verlegung des Lagers Matsuyama nach Bandō erlaubte die Lagerleitung den Umzug der Kegelbahn. Sie wurde am 20. März 1918 abgebaut und eröffnete gut zwei Monate später am 25. Mai 1918 in Bandō. Die Mitglieder von „Vater Philipp" votierten, dass die Einnahmen der Bahn von nun an der „Unterstützungskasse Kokaido" zugute kommen sollten. Die Unterstützungskasse war ebenfalls im Lager Matsuyama von einigen Mitgliedern der 6. Kompanie zur Unterstützung bedürftiger Gefangener gegründet worden. Sie finanzierte sich aus Mitgliedsbeiträgen und Stiftungen (4). Außer an die „Unterstützungskasse Kokaido" spendete die Kegelbahn von ihrem Reingewinn auch an die Krankenkasse und den Theaterfonds in Bandō. Die Kegelbahn war von 7.30 bis 21 Uhr geöffnet. Die Preise richteten sich nach der Uhrzeit (5):
7.30-11.30 Uhr |
40 sen pro Stunde |
12-15 Uhr |
30 sen pro Stunde |
15-19 Uhr |
40 sen pro Stunde |
19-21 Uhr |
50 sen pro Stunde |
Bei Beheizung der Kegelbahn erhöhten sich die Stundenpreise um 5 sen (6). Allerdings scheint die Heizung mit hibachi (kleine, offene Feuerbecken) nicht sehr effektiv gewesen zu sein. In der „Baracke" heißt es an einer Stelle: „Auch eine Kegelbahn befindet sich hier. Sie ist zwar sehr niedrig gehalten, aber trotzdem recht luftig. Der Ausschank von Fassbier trägt sehr zur Erhöhung der Gemütlichkeit bei, während das kleine Feuerbecken diese nur vortäuscht." (7)
In der Kegelbahn wurde mehrfach Preiskegeln veranstaltet. Das März-Preiskegeln 1919 ist durch zahlreiche Mitteilungen im T.T.B. gut dokumentiert. Die Bedingungen des Wettbewerbs wurden im T.T.B bekannt gegeben (8):
Ausschreibung März-Preiskegeln. T.T.B. Bd. 6, 7. März 1919, S. [3]
Die Gewinner erhielten Preise in Naturalienform, wie z.B. Bier, Zigarren, Würste und Torten (9). Außerdem erhielt der Spieler, der mehr als 29 Holz warf, sofort 20 Yen bar ausbezahlt (10). Mit Auflösung des Lagers kam auch das Ende der Kegelbahn. Sie wurde im November 1919 auf Abbruch verkauft (11).
Annonce für Ente in Tomaten auf Marengo Art. T.T.B. Bd. 8, 19. September 1919, No. 149, S. [3]
Zur Kegelbahn gehörte die Kegelbahnküche. Ihre Betreiber wechselten häufiger, wie man den Mitteilungen im T.T.B. entnehmen kann (12). Die Kegelbahnküche bot von 9-21 Uhr kalte und warme Speisen an (13). Ab Oktober 1918 wurden die Öffnungszeiten bis 22 Uhr verlängert (14). Außerdem wurde ab Ende August 1917 Fassbier ausgeschenkt (15). Die Annoncen im T.T.B. geben einen Einblick in das Speisenangebot:
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Kassler Rippespeer, Bayrisch Kraut, Salzkartoffeln (16)
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Gemüse, Bismarck-Heringe (17)
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Enten in Tomaten auf Marengo Art, 1/4 Ente für 0,55 Yen (18)
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Zungen-Frikassee mit Spargel (19)
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