Rundgang durch das Lager Bandō
2. Verwaltungsgebäude
| Aufbau
| Personal
| Oberst Matsue
| Hauptmann Takaki
Im Zensurbüro. Taishō san yo nen sen’eki. Furyo shashinchō. Vues photographiques concernans les prisonniers de guerre au Japon (Campagne de 1914-1916). Tōkyō: Furyo Jōhōkyoku, Bureau Impérial de Renseignements sur les Prisonniers de Guerre, 1918. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 30-29
Im Verwaltungsgebäude waren die Büros der japanischen Lagerleitung untergebracht. Das Geschäftszimmer des Lagerkommandanten, Oberst Matsue, die Büros von Hauptmann Suwa (Post- und Geldverkehr) und Hauptmann Kuniyasu (Zensur japanischer Zeitungen), das Geschäftszimmer des Zahlmeisters, das Besuchszimmer, Wohn- und Schlafräume für das japanische Büropersonal, das Geschäftszimmer von Hauptmann Takaki (Gesuche, Anfragen, Beschwerden, Erlaubnisscheine zum Verlassen des Lagers) und eine japanische Küche, in der auch für 20 sen pro Mahlzeit Essen an Kriegsgefangene ausgegeben wurde (1).
Eine Aufnahme von 1919 zeigt fast das gesamte Lagerpersonal. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto
Die Verwaltung des Lagers umfasste einschließlich des Lagerkommandanten 17 Personen, darunter drei Dolmetscher. Zur Bewachung der Gefangenen waren 59 Mann vom 62. Regiment Tokushima als „Wachkommando Bandō" abkommandiert worden. Zusätzlich wurde außerhalb des Lagers in der Nähe des Tores eine „Polizeizweigstelle Banzai, Wachtpolizistenstation" eingerichtet, von wo aus weitere 30 Mann abwechselnd patrouillierten (2).
1. Reihe v.l.: NONOMIYA Ikushige (Oberschatzmeister), KUNIYASU Takeshi (Armeehauptmann), TAKAKI Shigeru (Armeehauptmann), MATSUE Toyohisa (Oberst, Lagerkommandant), IRITONO Nobutoshi (Erster Militärarzt), SUWA Kunihiko (Oberleutnant), KIGOSHI Jirō (Oberleutnant), INUZUKA Minesaburō (Dolmetscher) 2. Reihe v.l.: AONUMA Shinzō (Dolmetscher), Fotograf (Name unbekannt), NIKI Toyokichi (Infanteriesergeant), OHARA Kumatake (Infanteriefeldwebel), SHIOTA Motoyoshi (Infanteriesergeant), MIURA Toraichi (Erster Krankenaufseher), KAMETANI Yūjirō (Infanteriesergeant), YAMAUCHI Bunkichi (Infanteriesergeant)
Es lag nicht zuletzt an der großzügigen und verständnisvollen Haltung des Lagerleiters, Oberst Matsue, dass sich die Umstände im Lager Bandō so positiv entwickeln konnten. Er hatte bereits das Lager Tokushima geleitet, welches im April 1917 mit den Lagern Matsuyama und Marugame zum Lager Bandō zusammengelegt wurde. Nakamura zeichnet in seiner Biographie ein sehr menschliches Bild des Lagerkommandanten, der auch etwas Deutsch beherrschte und europäische Musik und europäisches Essen mochte(3). Matsue förderte die Eigeninitiative der Gefangenen und machte durch seine wohlwollende Haltung Aktivitäten außerhalb des Lagers, wie z.B. Holz fällen, Brückenbau, Sport und Feldarbeit auf dem Pachtgebiet usw. überhaupt erst möglich. Selbst seinen Vorgesetzten gegenüber, die eher eine strengere Behandlung der Kriegsgefangenen wünschten, setzte sich Matsue auf geschickte Weise durch. Am bekanntesten ist sicherlich die Episode, in der er das vom Ministerium erlassene Verbot, die Gefangenen im Meer baden zu lassen, umging, indem er sie offiziell nicht zum Baden, sondern lediglich zum Füße waschen ans Meer führen ließ. Dass auch die Gefangenen Oberst Matsue sehr zu schätzen wussten, zeigt z.B. die folgende Passage aus der „Baracke" im Zusammenhang mit den Planungen für die „Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918: „Daß außerdem durch eine reichhaltige Ausstellung unserem japanischen Vorgesetzten, der sich durch Bewilligung von Buden usw. so angenehm von unseren früheren Gewalthabern unterscheidet, eine Freude gemacht wird, dürfte sich leicht mit unserem nationalen Gefühl abmachen lassen. Es handelt sich ja nicht darum, die Herstellung von Anilinfarben oder sonstige Geheimverfahren preiszugeben."(4)
Hauptmann Takaki war eine weitere wichtige Person im Leben der Gefangenen, denn an ihn waren alle Arten von Gesuchen, Anfragen und Beschwerden zu richten. Er stellte außerdem die begehrten Erlaubnisscheine zum Verlassen des Lagers aus (5). Dass auch er sich die Sympathien der Gefangenen erworben hatte, zeigt sich darin, dass in einem humoristischen Streifzug durch „Stadt und Festung Bando" sein Zimmer recht positiv als „Allgemeines Wunschbüro" (6) bezeichnet wird: „Wenn ein Bürger [gemeint sind die Lagerinsassen] Balken, Bretter, Latten, Nägel, Steine, Sand und Rasen braucht, um sich einen eigenen Unterstand zu bauen, wenn er mal einen Patrouillengang in die Umgegend machen möchte, überhaupt wenn er ein Bedürfnis fühlt, dann geht er ins hinterste Zimmer der Kommandantur, und hier wird ihm sein Wunsch entweder gleich erfüllt, oder er muß sich gedulden, bis er einen andern Wunsch hat." (/) Eine andere Episode in der „Baracke" beschreibt, wie Hauptmann Takaki beim sog. „Holzschaukeln" (Transport von Brennholz für das Lager durch Weiterreichen von Hand zu Hand entlang einer Menschenkette), welches unter Musikbegleitung der Lagerkapellen stattfand, „höchst eigenhändig zur großen Trommel" griff (8). Am Neujahrstag 1919 überraschte Hauptmann Takaki die Gefangenen durch eine kurze Abnahme der morgendlichen Musterung, die dem „Ruhebedürfnis des Lagers" (9) sehr entgegen kam: „Statt die angetretenen Baracken einzeln zu belämmern, kündigte er sich allen durch einen kurzen Pfiff an. Das vielhundertstimmige ‚Prosit Neujahr!’ nahm er mit Haltung als etwas Selbstverständliches entgegen. Als ebensoviele kräftige Kehlen auf seine Frage: ‚Alle da?’ bejahend antworteten, pfiff er auch auf Abzählen und Musterung und schickte uns ohne Verzug durch sein ‚Wegtreten!’ wieder hin, woher wir gekommen waren." (10)
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