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Theater
Aufführungen Oktober-Dezember 1918: Rezensionen
| 23. Oktober 1918 (viermal wiederholt): „Alt-Heidelberg" von Wilhelm Meyer-Förster
| 19. Dezember 1918 (einmal wiederholt): Hans-Sachs-Abend
Leitung: A. Wunderlich (1)
Mit fünf Aufführungen war „Alt-Heidelberg", neben „Im weißen Rössl", eines der am öftesten gespielten Stücke im Lager Bandō. Den Grund für diese Beliebtheit verrät uns der Rezensent in der „Baracke": „Es ist nur zu begreiflich, daß ‚Alt-Heidelberg’ gerade in Gefangenenlagern gerne gespielt und gehört wird. Mehr als eine Saite unseres Innern klingt mit, wenn die bunt wechselnden Bilder, die uns ein Stück Heimat vorzaubern, an uns vorüberziehen. Sind wir denn nicht auch Menschen, die um ein gut Teil ihrer Jugend betrogen sind, die wie Karl Heinz frühzeitig von den Tischen sorglosen Jugendglücks abgerufen wurden? Wir, die unser besonders bitteres Kriegschicksal so schnell an den Strand warf als Menschen, die für Jahre den Strom des Lebens nur in weiter Ferne rauschen hören, selbst ausgeschaltet und tot. Und wenn wir zurückkehren ins Leben, dann ist jenes Jugendland hinter uns versunken: ‚Nie kehrst du wieder goldene Zeit, so froh und ungebunden.’ Auch für uns gilt, was die Käthie dem für immer scheidenden Karl Heinz in ihrer kindlichen Einfalt tröstend sagt: ‚I kann das ja net so verstehn, aber einer wie du, der muß schon den Kopf oben behalten, gelt? Schon um der vielen andern wegen, gelt?’" (2)
Vor allem der Schauspieler der Käthie, Eugen Keim, begeisterte das Publikum durch seine natürliche Darstellung (siehe den Abschnitt: Theater ohne Frau).
Käthie (Eugen Keim) und Karl Heinz (Hermann Wegener) in „Alt-Heidelberg“. DIJ-Signatur H 57-6
Ankündigung . T.T.B. Bd. 5, 19. Dezember 1918, S. [3]
Veranstalter:Gruppe der 6. Kompanie (3)
Im Laufe des Novembers / Dezembers 1918 waren auch in Bandō mehrere Kriegsgefangene an der weltweit grassierenden Spanischen Grippe verstorben und die Stimmung im Lager – insbesondere angesichts eines weiteren Weihnachtsfestes in Gefangenschaft – war dementsprechend niedergeschlagen. Zur Aufmunterung wurde von der Theatertruppe der K. 6 ein Hans-Sachs-Abend angesetzt, was vom Rezensenten sehr gelobt wurde: „Es war ein außerordentlich glücklicher Entschluß der Theatergruppe K. 6 in knapp acht Tagen einen Hans Sachs-Abend vorzubereiten und herauszubringen und dadurch der durch die Lage, durch Krankheit und Tod herbeigeführten drückenden und bedrückten Stimmung im Lager rasch und energisch ein Ende zu bereiten. Und mögen auch die Veranstalter nur bescheiden von einer Improvisation sprechen, so war doch ein abgerundeter, genußreicher Abend daraus geworden. Starker Beifall hätte, wenn er hier ‚üblich’ wäre, sicherlich allen Mitwirkenden sowohl für ihren Entschluß als auch für ihre Leistungen gedankt." (4)
Auf dem Programm standen verschiedene mittelalterliche Musikstücke und zwei Fastnachtsspiele von Hans Sachs: „Das heiße Eisen" und „Der Eulenspiegel mit den Blinden", welche „beide gut und flott gespielt" (5) wurden.
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