Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit in Zitaten

[Vergnügungspark]

 
 

Buden im Vergnügungspark. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 38-36

Vergnügungspark! --- Verzeihe, lieber Leser einer späteren Zeit, eine solche Bezeichnung in so ernsten Tagen: sie ist nur scheinbar frivol, in Wahrheit ist sie nichts anderes als das harmlos-fröhliche Schlußbild dieses Ausstellungs-Märchenspiels, das uns Verbannte für kurze Stunden in die Heimat zurückversetzen soll. Der Vergnügungspark, (Leitung: Ob. Artl. Mt. Humpich) malerisch im Schatten hoher Bäume gelegen, ist nicht groß, aber was geboten wird, ist echt. Echt ist der Ausrufer an der Wurfbude ‚Runter mit dem Zylinder’, der mit Stentorstimme die Besucher heranzieht, und dessen Kopf schließlich stärkere Anziehungskraft besitzt als der Zylinder.

 

Echt ist die Schießmamsell in der Schießbude; von den zarten Händen dieser holden Fee lässt man sich ganz besonders gerne die Luftbüchse laden. Echt Solinger Stahl kann man in der Messerbude gewinnen, wenn man den Ring nicht immer vorbeiwirft, während nebenan beim Plattenwerfen Treffsicherheit mit echt japanischen Orden belohnt wird. Am echtesten von allem aber ist der ‚Lukas’. Nicht so sehr der hölzerne, der meist in der Mitte stecken bleibt oder oben heranfliegt, als der lebendige, von dem der andere bedient wird. Hoffentlich hat einer unserer Künstler dieses deutsche Bild in der deutschen Ausstellung in seinem Skizzenbuch festgehalten. Und nun die letzte Bude: Anthropologisch-ethnologische Sonderausstellung aus dem Jahre 4918 (Museumsdirektor: Sees. P. König I.). Das muß etwas Besonderes sein, denn nur lachende Gesichter sieht man dort herauskommen. Da drinnen gibt es ... nein, erzählen lässt sich das nicht. Das muß man gesehen haben, da muß man hineingetreten sein! Ein frischer, urwüchsiger Humor erfüllt das ganze Zelt. Alle unsere Pessimisten und Griesgrämigen im Lager haben sich hoffentlich recht lange hier aufgehalten.

 

Die vielen wechselnden Eindrücke der Ausstellung sind für uns Kriegsgefangene eine ungewohnte Anstrengung, und so bedarf man schon nach dem ersten Rundgang einer Stärkung, auch wenn man noch nicht die Schätze aus Seide, Lack und Porzellan in Augenschein genommen hat, die japanische Händler aus Tokyo, Kyoto und Osaka in einem Nebentempel ausgebreitet haben. Für des Leibes Notdurft ist reichlich gesorgt: die Lager-Garkücke hat eine Filiale errichtet, aus einem Pavillon heraus preist ‚Lecker’ die Produkte der ‚Geba’ an, und bei den Zuckerbäckern Steppan und Thron kann man Leckerbissen besonderer Art erhalten. Wer aber dann noch nicht satt geworden ist, der kann noch in den japanischen Zelten einen ‚Schlag’ zu sich nehmen. Ist aber schließlich sein Hunger gestillt, dann zieht man als guter deutscher die Ansichtskarten hervor, läßt sich an dem unter Leitung unseres Lager-Postdirektors Kleffel stehenden Ausstellungspostamts mit dem besonderen Ausstellungsstempel versehen und grüßt die Lieben zu Hause.
Mit frischen Kräften geht’s dann in den Ausstellungsraum zurück, um mit kritischem Blicken die einzelnen Leistungen unserer Künstler unter die Lupe zu nehmen.
--dt [Autorenkürzel]

 
 

Im Vergnügungspark. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 38-30

 
 

Volltext aus: Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 3-42 = 543-582