Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit

Abteilung für „Handfertigkeit“

 
 
 

„Die Abteilung für Handfertigkeit wurde von 108 Ausstellern mit insgesamt 247 verschiedenen Gegenständen beschickt." (1) Die Untergruppen geben einen Eindruck von der Bandbreite der Ausstellungsstücke (2):

A. Schiffsmodelle einschließlich Segelschiffen.
B- Verschiedene Modelle.
C. Getriebene Metallarbeiten.
D. Verschiedene Metallarbeiten.
E. Holzarbeiten.
F. Einlegearbeiten in Holz.
G. Brandmalerei-, Kerbschnitt- und Laubsägearbeiten.
H. Spielsachen.
I. Musikinstrumente.
K. Apparate.
L. Web- und Strickwaren.
M. Sammlungen.
N. Gebrauchsgegenstände.
O. Gemeinnützige Lagerunternehmungen.
P. Theater.
Qu. Lebensmittel.

Auf von der Ausstellung erhaltenen Fotos sind verschiedene der Gegenstände erkennbar.

Die Ansicht aus dem Raum mit den Schiffsmodellen zeigt in der Mitte das Modell des Fünfmastvollschiffes „Ocean" flankiert von den Modellen der beiden Dreimastvollschiffe „Tsingtau" und „Kiautschou" (3). Links und rechts daneben einige der Segelyacht-Modelle. Unten in der Ecke rechts ist vermutlich ein Stück der Katalognummer 405 zu sehen: „Modell zu einem Panzerwerk in von Deutschen besetzten Gebiet" (4). Von der „Ocean" existiert noch eine Großaufnahme, die zeigt, wie detailgetreu das Modell gearbeitet ist. Drei Gefangene hatten das Schiff in neunmonatiger Arbeit nach Maßangaben aus einem deutschen Konstruktionsbuch gebaut (5). Das Schiffsmodell erhielt bei der Wahl des Lagerpreises nur fünf Stimmen weniger als das Modell des Wohnhauses, welches mit 35 von 406 Stimmen den 3. Platz belegte (Preisgeld 3 Yen).

 
 

Das Wohnhaus, entworfen von Müller und gebaut von Rumpf und Hohn, ist auf der untenstehenden Ansicht des Hauptausstellungsraumes zu sehen. Neben dem Wohnhaus sind verschiedene Lampen und Kronleuchter zu erkennen, die im Katalog in der Abteilung „Metallarbeiten" aufgeführt sind (6). Die Tafeln mit den gepressten Blumen im Hintergrund gehören wahrscheinlich zu Katalognummer 358: „Pflanzensammlung, geordnet nach dem natürlichen Pflanzensystem. Marugame 1915/16 ungefähr 300 Nummern, Bando 1917/18 ungefähr 700 Nummern" (7). Das Foto zeigt auch sehr schön die von den Gefangenen angefertigte, grüne Laubdekoration mit Girlanden, Kränzen und Bäumchen.

 
 

Auf dem untenstehenden Foto des Hauptraumes ist eine weitere Sammlung zu sehen und zwar die Gruppe ausgestopfter Vögel des Gefangenen Krampe. Darunter waren u.a. zwei Fasanenhähne, zwei Raben, mehrere Singvögel und einige Wachteln. Die Vögel zogen bei den japanischen Besuchern viel Aufmerksamkeit auf sich. Ihr lebensechter Ausdruck und die Art ihrer Konservierung wurden von den Japanern angesprochen (8). Links von den Vögeln ist das von Fröhlich angefertigte Aquarium mit selbsttätigem Springbrunnen zu sehen. Das Aquarium erhielt nicht nur den 1. Sonderpreis innerhalb der Abteilung „Handfertigkeit", sondern wurde auch mit 78 Stimmen auf den 2. Platz (Preisgeld 5 Yen) des Lagerpreises gewählt (9). In der Mitte des Fotos erkennt man außerdem einen der ausgestellten „photographischen[n] Apparate" (10) und die Katalognummer 452: „Rucksack mit Tragegerüst n. norweg. Muster" (11). In der Ausstellungsnummer der „Baracke" heißt es zu diesem Rucksack, dass er „sauber gearbeitet, einen sehr dauerhaften Eindruck" (12) mache. Und der Wunsch wird geäußert: „Hoffentlich kann ihn der Hersteller recht bald bei unserer nun schon so lange ersehnten Abreise aus Bando praktisch verwenden." (13). Über dem Eingang ist die von Rasenack gemalte Aquarell-Kopie eines Deutsch-Ordensritters zu Pferde zu sehen. Auf diesem grüßte die Inschrift „‚Hie gut Deutschland alleweg!’" den Betrachter (14).

 
 

Sehr erfolgreich war die Ausstellung der Gruppe „Lebensmittel". Die Stände der Konditorei „Geba", der Küche 1, der Lager- bzw. der Offiziersschlachterei sowie mehrerer kochbegabter Gefangener wiesen „dauernd den größten Andrang auf" (15). Vom Stand der „Geba" existiert ein Foto. In der Konditorei hatte man ein Pfefferkuchenhaus hergestellt, welches „ein kunstvoll aus Zucker geformtes Storchnest auf dem Dach [hatte] und mit einem Zaun, der auch aus eitel Zucker" (16) bestand, umgeben war. Außerdem gab es von der „Geba" einen Baumkuchen, einen deutschen Hochzeitskuchen und mehrere Torten zu sehen. Zu den Schlachtereien heißt es in der „Baracke", dass die „ausgestellten Fleischwaren ... unwillkürlich an das Märchen vom ‚Schlaraffenland’" (17) erinnerten und sie lösten bei den Betrachtern ein „verdächtiges Knurren des Magens" (18) aus. Es waren z.B. zwei Spanferkel, zwei gefüllte Schweineköpfe, Eisbein, Pasteten und verschiedene Wurstwaren ausgestellt. Beim Anblick der Leckereien hörte man anscheinend oft von den deutschen Besuchern den Ausspruch „‚Mensch, komm bloß weiter, sonst krieg’ ich noch mehr Kohldampf’" (19).

 

Ausstellungsstand der Konditorei „Geba". Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 52-31

 

Im Hintergrund das Marionettentheater. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 52-37

Auf dem nebenstehenden Foto ist das in Bandō gefertigte Marionettentheater zu sehen. Im Katalog heißt es dazu: „Das Marion. Theater ist in Matsuyama entstanden, als Aufführungen auf einer grossen Bühne noch zu schwierig schienen. Das so Geschaffene erwies sich auch später zur Darstellung von solchen Stücken, die die Bühne nicht darzustellen erlaubte, als geeignet. – Das jetzt ausgestellte Marionettentheater ist wesentlich grösser als sein Vorgänger, was durch die grosse Baracke bedingt wird." (20). Einen Monat nach der Ausstellung kamen in diesem Theater bei den „Puppenspiele[n] Bando" die Stücke „Der Teufel nahm ein altes Weib" von Hans Sachs und „Kasperl unter den Wilden" von Franz Graf von Pocci zur Aufführung. Ein Jahr später im Mai 1919 wurde das "Das Puppenspiel vom Doktor Faust" gegeben. Vor der Marionettenbühne sind zwei Gegenstände aus der Gruppe „Spielsachen" zu sehen: Das Karussell und eine der Sandmühlen (21).

Ein Album mit Holzeinlegearbeit, welches auf dem Deckel eine Ansicht des Lagers Bandō zeigte, konnte die meisten Preise auf sich vereinen. Es erhielt den 1. Preis in der Gruppe der Holzarbeiten, den 2. Sonderpreis innerhalb der Abteilung „Handfertigkeit" und wurde von den Lagerinsassen mit 126 Stimmen auf Platz 1 des Lagerpreises gewählt. Der Hersteller des Albums, Schroer, erhielt dafür ein Preisgeld von 10 Yen. Leider existiert von dem Album in der DIJ-Sammlung kein Foto. Die Nachfrage nach Ausstellungsgegenständen war sehr groß. In der „Baracke" heißt es: „Vieles wurde begehrt, was leider nicht verkäuflich war, von dem aber, was zum Verkauf stand, blieb kaum ein Stück übrig, und viele Nachbestellungen erfolgten." (22).

 
 

(1) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 20=560
(2) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 20-21=560-561
(3) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 21-22=561-562
(4) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit. Kriegsgefangenenlager Bando, 1918, S. 32
(5) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 21=561
(6) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit. Kriegsgefangenenlager Bando, 1918, S. 20-21
(7) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit. Kriegsgefangenenlager Bando, 1918, S. 28
(8) Die Baracke Bd. 2, No. 1 (27), 31. März 1918, S.10-11
(9) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 42=581
(10) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit. Kriegsgefangenenlager Bando, 1918, S. 28
(11) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit. Kriegsgefangenenlager Bando, 1918, S. 35
(12) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 32=572
(13) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 32-33=572-573
(14) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 7=547
(15) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918. S. 8=548
(16) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918. S. 30=570
(17) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 30=570
(18) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 31=571
(19) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 31=571
(20) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit, 1918, S. 30
(21) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit, 1918, S. 25
(22) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 40=580