Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit in Zitaten

Sonderausstellung in Muya

 
 

Neulich hat mir jemand den Vorschlag gemacht, die Ausstellung solle doch so organisiert werden, wie die Feuerwehr. Veranstalter und Aussteller müssten durch Abzeichen kenntlich sein, Ausstellungsgegenstände und Ausschmückung müsste stets fertig verpackt bereit liegen, so daß die gesamte Ausstellung auf einen plötzlichen Alarm hin sofort abrücken und wo immer es gewünscht wird, sich in kürzester Zeit auftun könnte.
Solch Verfahren scheint tatsächlich angebracht zu sein, denn während wir mit den Vorbereitungen zu einer Wiederholung der Ausstellung in Tokushima beschäftigt waren, mussten wir am Donnerstag, den 2. Mai, plötzlich ein Gastspiel in Muya geben. Doch nicht etwa ’Volksoper’ wie in Bando, sondern ‚Kammerspiele.’ – Prinz Higashikuni no miya, der sich auf einer Reise durch Shikoku in Tokushima befand, hatte dort von dem Garnisonskommandanten so viel von unserer Ausstellung gehört, daß er den Wunsch äußerte, einen möglichst großen Teil der Gegenstände am nächsten Tage in Muya vorzufinden. Wir konnten uns der Einsicht nicht verschließen, daß dieser Wunsch für unsere Lagerbehörde Befehl sei, und machten uns also an die immerhin etwas schwierige Aufgabe, deren Lösung denn auch durch die bereitwillige Mitarbeit der Aussteller zur großen Genugtuung der Lagerbehörde gelang.
Bei prächtigem Wetter kam unsere schwer bepackte Karawane gegen Mittag in Muya an. Die Stadt bot ein recht freundliches Bild. Alle Straßen voll Flaggen und Menschen; Kriegervereine und freiwillige Feuerwehr fehlten nicht. Und dann die vielen Kinder! Der Storch braucht sich in Japan über Beschäftigungslosigkeit nicht zu beklagen. Überall standen die Schulen am Weg aufgereiht und warteten mit erstaunlicher Geduld auf den Augenblick, wo der Zug an ihnen vorbeisausen würde.
In der Nähe des Strandes auf einer Anhöhe mit prachtvollem Blick auf das Meer liegt das Haus eines reichen Bürgers von Muya, das die Ehre haben sollte, die kaiserliche Hoheit zu beherbergen. So ein vornehmes japanisches Haus macht mit seinen schwarzweißen Matten, seinen schönem Holzwerk, seinen geschmackvollen Nischen und seinem zierlichen Garten einen stilvollen und künstlerischen Eindruck. Schnell wurden die Gegenstände aufgebaut. Sie füllten zwei Zimmer und mussten daher nach der Besichtigung rasch in ein anderes Haus geschafft werden. Zu diesem Zweck blieben 7 Mann zurück, während der Haupttrupp wieder abrückte.
Der Prinz war inzwischen zur Naruto-Enge hinübergefahren, und es dauerte bis gegen fünf Uhr, ehe er zurückkam. Uns wurde inzwischen die Zeit nicht lang. Nach einem kleinen Spaziergang hatten wir uns auf dem Berge oberhalb des Prinzenhauses niedergelassen, zu dessen Fuß sich die Stadt, die enge Wasserstraße und die Bucht mit ihren vielen Inseln im Sonnenschein ausbreitete. Endlich sahen wir das Staatsboot vom jenseitigen Ufer absetzen und in schneller Fahrt die Stadt erreichen. Das ‚Banzai’-Rufen kam näher und näher, und bald verschwand der Prinz im Eingangstor des Hauses.
Die nächsten 1 1/2 Stunden hat er sich dann, wie uns berichtet wurde, ausschließlich mit unserer Ausstellung beschäftigt, so daß einige Regierungsbeamte, die zur Audienz erschienen waren, betrübt wieder abziehen mussten. Jeden einzelnen Gegenstand hat er genau angesehen und sich seinen Zweck und seine Herstellungsart erklären lassen. Mit Lob und Anerkennung für den Fleiß und die Geschicklichkeit der Kriegsgefangenen hat er dann auch nicht gespart. Bemerkenswert ist, daß er beim Betrachten der Arbeiten aus ‚Golden Bat’ Staniol äußerte, daß sich daran die Fähigkeit der Deutschen zeige, sparsam zu wirtschaften und sich alle Hilfsquellen dienstbar zu machen. Diese Fähigkeit, zusammen mit unserer Tapferkeit, seien die Gründe für unsere Erfolge in diesem Kriege. Bezeichnend ist auch, daß er von den vielen Gegenständen, die zur Schau standen, gerade die beiden Holzbrand Bildnisse des Kaisers und Hindenburgs (Hersteller: Quinten) kaufte, die im Saale seines Hauses in Tokio aufgehängt werden sollen. Ferner kaufte er das Modell eines Ankers (Höft) und ein Rauchzeug (Böhm und Gnuschke).
Aus diesen Ankäufen dürfen wir wohl schließen, daß auch unser Gastspiel in Muya erfolgreich gewesen ist.
Rs. [Autorenkürzel]

 
 

Volltext aus: Die Baracke Bd. 2, No. 7 (33), 12. Mai 1918, S. 183-186