Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit

Vorbereitungen

 
 
| Ausstellungsgelände mit Vergnügungspark | Abteilung für „Bildkunst“ | Abteilung für „Handfertigkeit“ | Japanische Besucher | Nach der Ausstellung |

Bereits in den Lagern Marugame, Matsuyama und Tokushima, die im April 1917 zum Lager Bandō vereinigt wurden, hatte es eigene Ausstellungen gegeben (1). Die erste Erwähnung der Ausstellung in Bandō findet sich in den Lagerpublikationen im September 1917. Die Veranstalter, die Gefangenen Müller, Stecher, Rahaus, Desebrock, Möller und von Holstein (später kam noch Koch dazu), kündigten zunächst für Ende Januar 1918 eine „Handfertigkeits-Ausstellung ... [mit] Gegenständen aller Art" (2) an, sofern sich genug Beteiligte finden. Obwohl die Organisation und Durchführung der Ausstellung ganz in Händen der Deutschen lag, erhielt sie von Seiten der Lagerbehörde volle Unterstützung (3). So wurden den Gefangenen Ausgänge aus dem Lager gestattet, um in Tokushima Materialien einzukaufen (4) oder um den „Malfreudigen" (5) Gelegenheit zu geben, in der Umgebung des Lagers Bildmotive zu finden. Eine Skizze zeigt einen der Künstler bei der Arbeit.

 
 

„Bildkunst und Handfertigkeit“. Muttelsee, Willy. Karl Bähr. 4 1/2 Jahre hinter’m Stacheldraht. Skizzen-Sammlung. Bando: Kriegsgefangenenlager, [1919], o.S., im Besitz des Deutschen Hauses Naruto

 

Als Veranstaltungsort war zunächst Baracke 1 im Gespräch, aber diese Idee wurde verworfen (6). Baracke 1 wurde als zu eng und zu dunkel eingestuft. Außerdem hätten dann für die Dauer der Ausstellung alle anderen Veranstaltungen (Theater, Vorträge, Konzerte) ausfallen müssen. Anstelle von Baracke 1 wurde der Kōkaidō (in den Lagerpublikationen: Kokaido) in Bandō, eine Art Gemeindehalle, ausgewählt. Daraufhin sammelten die japanischen Einwohner von Bandō Geld, um Schäden am Gebäude reparieren zu lassen (7). Im Januar 1918 konnte der Kōkaidō von den Ausstellern vorab besichtig werden (8). Da jedoch „ein japanisches Gemeindehaus ... keine Festhalle" (9) war, wurde das Gebäude von den Gefangenen ausgeschmückt. Es wurden Wände eingezogen und der Hauptraum wurde „zu einem freundlich-hellen Museumssaal" (10) ausgemalt.

Der zunächst anvisierte Termin Ende Januar 1918 verstrich, stattdessen wurde in der „Baracke" ein Artikel veröffentlicht, der über Planungsstand und Ziele der Ausstellung berichtete sowie noch unentschlossene Gefangene anspornen sollte, sich zu beteiligen (11). Der Schreiber des Artikels räumt ein, dass eine solche Ausstellung ein „Kind der Mußestunden" (12) sei, tatsächlich habe man im Lager durch Arbeit, Sport und Musik nicht viel Freizeit. Er fährt fort: „Und doch haben sich jetzt schon viele gefunden, die eine Ehre darin sehen, auf der Ausstellung uns, ihren Kameraden, und den Japanern zu zeigen, was deutscher Fleiß und deutsche Gründlichkeit auch mit beschränkten Mitteln und in widrigen Verhältnissen schaffen können. ... Daß außerdem durch eine reichhaltige Ausstellung unserem japanischen Vorgesetzten, der sich durch Bewilligung von Buden usw. so angenehm von unseren früheren Gewalthabern unterscheidet, eine Freude gemacht wird, dürfte sich leicht mit unserem nationalen Gefühl abmachen lassen. Es handelt sich ja nicht darum, die Herstellung von Anilinfarben oder sonstige Geheimverfahren preiszugeben. Wir arbeiten wie in den alten Lagern in erster Linie für uns, die Ausstellung soll eine Abwechslung in unserem eintönigen Lagerleben sein, genau so wie das Theater, die Konzerte, Vorträge usw." (13) Als Anreiz, sich zu beteiligen, stellten die Veranstalter in Aussicht, Käufer für die ausgestellten Gegenstände zu finden. Der Artikelschreiber fährt fort, dass bereits vor der Ausstellung Bestellungen für Spielsachen vom Hilfsausschuß Tokyo und von Pfarrer Schröder vorlägen. Auch die deutschen Gemeinden in Japan hätten Kaufinteresse angemeldet. Außerdem würden für die Aussteller Preise ausgesetzt und Diplome verteilt. Um Besucher anzulocken, verweist der Schreiber darauf, dass Kaffee, Kuchen und Bratwürste geplant seien. Außerdem würde es Musikdarbietungen geben und besondere Postkarten dürften außerhalb der üblichen Postregelungen verschickt werden.

Da die Ausstellung nicht nur für die Gefangenen selbst, sondern auch für die japanische Bevölkerung zugänglich sein sollte, wurde Wochen vor der Ausstellung in der Region mit einem Plakat Werbung gemacht. Dieses wurde an „den Wänden der Eisenbahnwagen, Motorboote und der Bahnhöfe" (14) aufgehängt sowie in der Zeitung abgedruckt. Aus diesem Plakat der Eisenbahngesellschaft Awa Denki Kidō Kabushiki Gaisha geht hervor, dass die Bahngesellschaft Fahrkarten für die Anreise zur Ausstellung mit einem Rabatt verkauft hat.

 

Anfang Februar wurde schließlich der 15.02.1918 als Nennungsschluss für den Katalog festgelegt und als Ausstellungstermin Anfang März angekündigt (15). Der Katalog bzw. der „Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" erschien in einer deutschen und in einer japanischen Ausgabe. Die Gefangenen konnten den Katalog für 20 sen erwerben. Der deutsche Katalog stellte gleichzeitig ein Los dar. Als Losgewinne wurden nach Ende der Ausstellung verschiedene Ausstellungsgegenstände angekauft: 1. Preis: ein Spanferkel, 2. Preis: ein Baumkuchen, 3. Preis: ein Schweinskopf, 4. Preis: ein Schinken, 5. Preis: ein Zungen-Aspik 6. Preis: 1 Flasche Magenbitter 7. Preis: 1 Flasche Boonekamp (16). Der deutsche Katalog enthielt außerdem einen Stimmzettel zur Vergabe des so genannten „Lagerpreises". Mit diesem konnten die Gefangenen für den Ausstellungsgegenstand stimmen, der ihnen am besten gefallen hat (17). Den Herstellern der Gegenstände mit den meisten Stimmen, winkten verschiedene Geldpreise.

Vor Beginn der Ausstellung gab es viel zu tun: Dolmetscher, Aufseher und Hilfskräfte mussten eingeteilt werden (18), die Aussteller von Malereien und Zeichnungen hatten diese vorab im Offizierskasino abzuliefern, damit sie von den Schiedsrichtern beurteilt werden konnten (19) und es musste immergrünes Laub als Schmuck für die Ausstellungsräume besorgt werden (20). „Schon einige Tage vor der Eröffnung stand der zwischen Lager und Ausstellung gelegene Teil Bandos ganz im Zeichen der deutschen Barbaren. In allen Läden bemerkte man das geschmackvoll in den deutschen Farben ausgeführte Ausstellungsplakat von Vz. Feldw. d. R. Möller. Überall sah man deutsche Soldaten sich ungehindert bewegen, und nur hie und da erinnerte uns [die Gefangenen] ein japanischer Posten unliebsam daran, daß es doch nur eine eingebildete Freiheit ist, an der wir uns erfreuten." (21) In der Tat stellte der Verkehr zwischen Lager und Ausstellungsgelände ein gewisses Problem dar, so dass detaillierte Regelungen für die Abmarschzeiten von Ausstellern, Veranstaltern, Dolmetschern, Aufsehern und Besuchern festgelegt wurden (22).

 
 

Titelblatt der japanischen Ausgabe des Ausstellungskataloges. Foto aus Besitz des Deutschen Hauses Naruto, Negativ-Nr. 15-8

 

(1) Führer durch die Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit. Kriegsgefangenenlager Bando, 1918, S. 4; Klein, Ulrike. Deutsche Kriegsgefangene in japanischem Gewahrsam 1914-1920. Ein Sonderfall. Freiburg, 1993, S. 168-169
(2) T.T.B. Bd. 2, 14. September 1917, S. 4
(3) T.T.B. Bd. 2, Extrablatt, 26. Oktober 1917, S. [2]
(4) T.T.B. Bd. 2, 2. Oktober 1917, S. 2
(5) T.T.B. Bd. 2, 28. September 1917, S. 4
(6) T.T.B. Bd. 3, 19. Januar 1918, S. [4]
(7) Die Baracke Bd. 1, No. 17, 20. Januar 1918, S. 12
(8) T.T.B. Bd. 3, 19. Januar 1918, S. [4]
(9) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 5=545
(10) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 6=546
(11) Die Baracke Bd. 1, No. 17, 20. Januar 1918, S. 11-14
(12) Die Baracke Bd. 1, No. 17, 20. Januar 1918, S. 11
(13) Die Baracke Bd. 1, No. 17, 20. Januar 1918, S. 11-12
(14) Die Baracke Bd. 1, No. 24, 10. März 1918, S. 3=519
(15) T.T.B. Bd. 3, 2. Februar 1918, S. [3]
(16) T.T.B. Bd. 2 eingebunden vor dem 1. November 1917: eigentlich T.T.B. Bd. 3, vermutlich 15. März 1918, S. 3
(17) T.T.B. Bd. 3, 14. Februar 1918, S. [1]
(18) T.T.B. Bd. 3, 7. März 1918, S. [4]
(19) T.T.B. Bd. 3, 1. März 1918, S. [6]
(20) T.T.B. Bd. 3, 27. Februar 1918, S. [5]
(21) Die Baracke Bd. 1, No. 25, 17. März 1918, S. 6=546-7=547
(22) T.T.B. Bd. 3, 9. März 1918, S. [3-4]